Diesen Aufruf las ich in der Wetterauer Zeitung und meldete mich an. Im Zuge meiner Ausbildung musste ich ein Praktikum im stationären Hospiz machen. Ich war noch nie in einem gewesen und ging deshalb mit gemischten Gefühlen dorthin.
Wie positiv war ich überrascht ein offenes Haus mit hellen Zimmern vorzufinden. Einige Gäste waren in der Küche und kochten gemeinsam, andere saßen auf dem Balkon und unterhielten sich. Wieder andere meldeten sich für einen Spaziergang in die Stadt ab.
Es war eine fröhliche, gelöste Atmosphäre. Wenn ich nicht gewusst hätte, dass es ein Hospiz ist – ich wäre nicht darauf gekommen.
Den Nachmittag verbrachte ich mit einer Dame, die erst seit kurzem hier war. Sie erzählte von ihrem Mann und den beiden Söhnen und ihrem Leben bevor sie hier Gast wurde.
Wir machten noch einen gemeinsamen Spaziergang und aßen zusammen Abendbrot, bevor ich mich von ihr verabschiedete. Beim Verlassen des Zimmers hörte ich noch wie sie mit ihrem Mann telefonierte und sagte wie gut es ihr hier gefällt. Umso betroffener war ich, als ich am nächsten Tag erfuhr, dass sie am frühen Morgen gestorben war. Ihre Familie war in ihrem Zimmer. Im Flur saß eine weinende Frau. Ich fragte sie, ob sie eine Verwandte sei. Es war ihre beste Freundin. Ob ich mich zu ihr setzen dürfe, fragte ich weiter. Sie bejahte und erzählte mir von ihrer gemeinsamen Zeit. Ich weiß nicht wie lange unser Gespräch dauerte, als ihr Telefon klingelte. Sie bedankte sich dafür, dass ich sie angesprochen hatte. Das Gespräch habe ihr sehr gut getan! Ich selbst war ihr aber so dankbar – es war mein erster ungeplanter Einsatz. Ein Gefühl nahm von mir Besitz, das ich nicht in Worte fassen kann. Es war eine Mischung aus Freude, Dankbarkeit und ein wenig Stolz. Es folgten noch einige Begleitungen, aber diese, in meiner Ausbildung, hinterlässt eine bleibende Erinnerung.