Anfang Dezember wurde ich von unserer Koordinatorin gebeten, die Begleitung einer 95jährigen Dame zu übernehmen. Nach einem Sturz in ihrer Wohnung wurde sie erst einen Tag später von ihrem Enkel aufgefunden. Es war klar, dass sie nicht mehr selbständig in ihrer Wohnung leben konnte und in ein Pflegeheim aufgenommen werden musste.
Als ich sie dann dort das erste Mal besuchte, lebte sie erst kurze Zeit in der neuen Umgebung. Sie war sehr verzweifelt, hatte großes Heimweh, „haderte mit Gott und der Welt“ und hatte so gut wie keinen Kontakt zu anderen Mitbewohnern. Sie wirkte sehr schwach und weinte viel. Im Laufe meiner Besuche konnte ich jedoch eine deutliche Verbesserung ihres Gemütszustandes feststellen. Immer mehr nahm sie am Geschehen um sich herum teil, zeigte sich auch gesprächiger und erzählte viel von früher. Inzwischen freute sie sich auf meine Besuche. Wir spazierten öfter durch die Gartenanlage des Hauses, besuchten gemeinsam die dort angebotenen Veranstaltungen oder sonnten uns auf der Bank am Hauseingang. Wir redeten viel und hatten auch immer wieder Gelegenheiten, herzhaft miteinander zu lachen.
Ich bin sehr dankbar für diese Begleitung, denn es ist ein Geschenk für mich, diese alte Dame auf dem letzten Stück ihres Lebensweges begleitet zu haben.
Wieder einmal zeigt sich: Nicht nur die Menschen, die wir begleiten, haben einen Gewinn durch unsere Besuche, auch für uns als Begleiter ist es eine wesentliche Bereicherung und ein großer Segen.
Übrigens: Die Dame verstarb zwischenzeitlich im Alter von 101 Jahren!